Donnerstag, 20. November 2014

[Rezension] Der Tag wird kommen- Nina Vogt Ostli

Genre: Jugendbuch, Thriller, Science Fiction
Seitenzahl: 240
Preis: 14,95€ Interesse?
Verlag: Coppenrath coppenrath.de
Kurzbeschreibung: 
Das Leben ist hart, wenn du ganz unten bist. Wenn deine Mutter keine Zeit für dich hat. Wenn dein Vater wünscht, du wärst nie geboren worden. Wenn der mieseste Schlägertyp der Schule dich auf seiner Abschussliste hat. Wenn sie auf dich einprügeln, Tag für Tag, bis du wie ein zitternder Haufen im Dreck liegst.
Doch eines Tages können sie sich nicht mehr zusammenrotten und dann bist du am Zug. Eines Tages werden sie sehen, wer du wirklich bist, was du wirklich kannst. Wozu du fähig bist. Aber bis es so weit ist, musst du überleben.


So hat mir das Buch gefallen: 
Nachdem unser junger Protagonist reichlich Probleme mit den Altersgenossen in der Schule hat, mit seiner etwas speziellen Mutter und seiner ausbaufähigen Beziehung zu seinem Vater fertig werden muss, kommt nun etwas ganz neues auf ihn zu. Ein komplett fremdes Mädchen chattet ihn an und behauptet auch noch, aus der Zukunft zu kommen. Während er Tag für Tag mit ihr chattet und immer neue verwirrende Informationen bekommt, plant er seine Rache an seinem größten Peiniger Andreas. Doch nicht alles entwickelt sich nach Plan.
Das Buch fällt sozusagen direkt "mit der Tür ins Haus" und steigt direkt in die Problematik eines gemobbten Jugendlichen ein. Dabei kam bei mir aber gerade mal ein Anflug von Mitleid auf, hauptsächlich hat mich das Buch schon ungefähr ab Seite 3 wahnsinnig genervt.
Zuerst einmal dieser Protagonist. Sein unglaubliches Selbstmitleid, was direkt zu Anfang des Buches ganze Seiten ausfüllt (nebenbei gemerkt auch im Klappentext schon sehr zur Geltung kommt) und mich regelmäßg den Glauben in das gute in diesem Buch hat verlieren lassen, nervt unheimlich. Dazu wird das Mobbing in der Schule aber mal sowas von überzogen und theatralisch beschrieben, dass dabei kaum Spannung aufkam.
Aber nicht nur das. Hans Petter (auch dieser Name, wenn auch ein kleines Detail, war einfach furchtbar zu lesen) ist in seinem gesamten Charakter so unsympathisch, das ich mich teilweise wirklich gefragt habe, ob die Autorin mit Absicht jegliche negative menschliche Eigenschaften in einer Person vereinen wollte. Hier nur eine kleine Auswahl seiner "Schokoladenseiten": 
Ständig erwartet er das schlimmste vom schlimmsten, er ist wahnsinnig egozentrisch,  arrogant und narzisstisch und das mit fast jedem Satz, er ist intolerant (Er bezeichnet andere Außenseiter als "Missgeburten". Ich meine...bitte?!). 
Das einzig sympathische an ihm wäre vielleicht noch seine etwas rebellische Ader und sein Humor, der aber auch nur begrenzt lustig ist.
Sehr bemerkenswert, einem von Mobbing und Diskriminierung betroffenen Menschen einen solchen Charakter zu geben. 
Von der Spannung her kommt der erste Teil (wie schon erwähnt) überhaupt nicht aus dem Quark auch wenn man die einfache Sprache gut verfolgen kann.
Etwas besser wird es erst, als mit dem Chat zwischen Hans Petter und Fera ein neuer Erzählstrang dazukommt, bei dem es die Autorin mit der Spannung etwas besser hinbekommt. 
Aber zu diesem neuen Erzählstrang muss ich wirklich noch ein Wörtchen sagen. 
Ich meine: Was zur Hölle? Da liest man nichts böses ahnend und von jeglicher Beschreibung ausgehend einen Thriller über Mobbing und Rache und dann DAS. 
Von einer Seite auf die andere geht es plötzlich um Science Fiction, um eine Zukunftsvision.
Auch wenn dieser Teil dem Buch ,wie gesagt, etwas mehr Spannung verleiht, passt er (zumindest zu dem Zeitpunkt) so überhaupt nicht ins Konzept. Und das zieht sich durch das ganze Buch:
Auch wenn der Wechsel zwischen flüssigem Schreibstil und Chat zwar Abwechslung bringt, muss man sich bei jedem dieser Wechsel wieder auf etwas inhaltlich in weiten Teilen komplett anderes einstellen, es kommt kein richtiger Lesefluss zustande.
Ich hatte oft das Gefühl, dass die Autorin zwei Ideen hatte die sie unbedingt in einem Buch verpacken wollte. Hätte sie zwei Bücher daraus gemacht, hätten diese wirklich Potenzial: Sieht man beispielsweise die Zukunftsvision für sich wirkt diese meistens real und bedrohlich, die Beschreibungen spannend. Aber beides zusammen überfordert den Leser doch leicht.
Naja, immerhin hatte ich somit wenigstens einen Teil des Buches, den ich spannend fand und dachte mir: Hey, vielleicht wird das Buch garnicht so schlimm. Doch dann fängt der Protagonist selbst in dem Chat an, von seinem "furchtbaren" Leben zu berichten und ich dachte mir: Das kann doch nicht wahr sein. Er bemitleidet sich konsequent selbst, hat Angst, aber weigert sich gegen jede Art von Hilfe.
Zum Glück wird das Buch ab der Hälfte etwas besser. Es kommen philosophische Elemente hinzu, die mir sehr gefallen haben und gut umgesetzt waren.
Auch die bis jetzt langweiligen Erzählstränge gewinnen an Fahrt und das lesen wird erträglicher.
Besonders das Rätselraten um Feras wahre Identität hat mir sehr zugesagt, und auch die Themenmäßige Abwechslung innerhalb des Chats.
Und dann. Auf Seite 138 von 240 habe ich zum ersten Mal etwas vom eigentlichen Thema des Buches gemerkt, von dem, was sämtliche Bewunderer loben: Die Beziehung des Bösen mit der Normalität. Dabei schafft es die Autorin, einen eindrucksvollen Kontrast aufzubauen, allerdings stört ein Detail auch an diesem Punkt immernoch sehr: Die Autorin kann keinen einzigen Charakter so ausarbeiten, dass er die vorgesehene Wirkung hat. Das beste Beispiel ist Hans Petters Erzfeind Andreas, den man einfach nicht so unsympathisch finden kann wie vorgesehen, da die Autorin diese Antipathie und Authentik einfach nicht hervorrufen kann.
Sympathisch fand ich aber wiederrum auch keine Person, was mich an Büchern immer sehr stört.
Das Ende rettet dem Buch etwas den Allerwertesten für mich, da es wirklich überrascht und aufwühlt und zusätzlich noch sehr spannend ist, vorallem da hier wieder ein aktuelles und philosophisches Thema aufgegriffen wird: Was kann sozialer Druck mit mir machen? Und bin ich eigentlich wirklich verantwortlich für meine Handlungen?


Fazit
Meine Erwartungen an "Der Tag wird kommen" wurden gerade mal Ansatzweise bestätigt. 
Gut fand ich wirklich den Philosophischen, aufwühlenden, zum nachdenken anregenden Teil. 
Leider macht der unglaublich unsympathische Protagonist, und die riesige Diskrepanz zwischen den verschiedenen Erzählsträngen, sowie die fehlende Spannung vieles kaputt.

2/5 Eulen



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